Schönerer, Alexandrine von

Schönerer Alexandrine von, Künstlername von Alexander, Theaterdirektorin, Schauspielerin und Regisseurin. Geb. Wien, 15. 6. 1850; gest. ebenda, 28. 11. 1919.

Tochter von Mathias v. S. (s. d.), Schwester des Folgenden (von dem sie sich distanziert hielt). Nach Schauspielausbildung bei August Förster (s. d.) debüt. sie 1875 am Stadttheater Baden als Orsina in Lessings „Emilia Galotti“. Danach war sie als jugendl. Liebhaberin, Heroine und Salondame an dt. (u. a. in Hamburg, Danzig/Gdansk, Bremen, Görlitz, Posen/Poznan, Stettin/Szczecin, Schwerin und Berlin) und österr. Theatern (Graz) engagiert. 1884 erwarb sie in Wien von Jauner (s. d.) um 664.000 fl – aus ihrem geerbten Vermögen – das Theater an der Wien. S. betrieb das Theater zunächst nicht unter eigener Konzession, sondern verpachtete es bis 1889 an den Librettisten Camillo Walzel, während Jauner als inoffizieller künstler. Berater (bis 1894) fungierte. Die Ära S.s am Theater an der Wien ist mit der Blütezeit, aber auch mit dem beginnenden Niedergang des klass. Zeitalters der Wr. Operette verbunden. Während der Anteil des Sprechstücks nur etwa 15 Prozent betrug (hervorzuheben ist der Sensationserfolg von Alexandre Dumas’ und Armand d’Artois’ „Der Fall Clemenceau“, 1889), war ihr Theater als führende Wr. Operettenbühne der Urauff.Ort u. a. von Johann Strauß Sohn, Millöcker (s. d.) und Karl Zeller. Bleibenden Erfolg hatten Strauß mit „Der Zigeunerbaron“ (1885), – „Simplicius“ (1887), „Fürstin Ninetta“ (1893), „Jabuka“ (1894), „Der Waldmeister“ (1895) und „Die Göttin der Vernunft“ (1897) konnten sich jedoch nach tw. Anfangserfolgen nur mit einzelnen Nummern durchsetzen –, Millöcker mit „Der arme Jonathan“ (1890), Zeller mit „Der Vogelhändler“ (1891) und „Der Obersteiger“ (1894). Weiters sind die Wr. Erstauff. von Gilbert und Sullivans „Der Mikado“ (1888) und von Florimond Hervés „Mam’zell Nitouche“ (1890), Engelbert Humperdincks „Die Königskinder“ (1897, unter S.s Regie) und Smetanas „Die verkaufte Braut“ (1893, Erstauff. in dt. Sprache) hervorzuheben. Mit der Auff. von „La Bohème“ (1897) führte sie Puccini in Wien ein. Von den bei S. engagierten Künstlern sind bes. Ilka Pálmai (1890–93, s. Pétrass I.) und Girardi (s. d.) hervorzuheben, der allerdings – nach Streitigkeiten mit S. – das Ensemble nach 22jähriger Zugehörigkeit 1896 verließ. Der nach diesem Jahr immer mehr feststellbare Rückgang der klass. Wr. Operette wurde 1898 mit dem Erfolg von Heubergers (s. d.) „Der Opernball“ nur noch einmal unterbrochen. S., die das Theater an der Wien während einer Zeit der Hochblüte geleitet und zur Beibehaltung seines hohen künstler. Niveaus auch mit eigenen finanziellen Mitteln beigetragen hatte, legte die 1889 erlangte Konzession 1900 nieder, verkaufte das Theater und zog sich ins Privatleben zurück. Nach ihrem Rücktritt wurde sie – erstmalig für ein Nichtmitgl. der Hofbühnen – mit dem Goldenen Verdienstkreuz mit der Krone ausgez.


Literatur: N. Fr. Pr., 17. 6. 1884, 29. 4., 1. 5. 1900, 29. 11. 1919; Wr. Theater-Ztg., 1. 7. 1884; Illustrirtes Wr. Extrabl., 1. 5. 1900; Eisenberg, Bühnenlex.; Nagl–Zeidler–Castle 4, s. Reg.; Dt. Bühnen-Jb. 32, 1921, S. 132; R. Biberhofer, 125 Jahre Theater an der Wien 1801–1926, 1926, S. 52 (Bild), 56, 59ff.; H. Tollich, Ein Beitr. zur Sippengeschichte der Fam. Schönerer, phil. Diss. Wien, 1941, S. 68ff. (mit Bild); F. Hadamowsky – H. Otte, Die Wr. Operette, 1947, s. Reg.; R. Holzer, Die Wr. Vorstadtbühnen, 1951, S. 194ff.; A. Bauer, 150 Jahre Theater an der Wien, 1957, s. Reg.; A. E. Láng, Das Theater an der Wien, 2. Aufl. 1977, S. 45ff.; F. Hadamowsky, Wien. Theatergeschichte (= Geschichte der Stadt Wien 3), 1988, s. Reg.; J. Strauß (Sohn), Leben und Werk in Briefen und Dokumenten, ges. und kommentiert von F. Mailer, 3, 1990, s. Reg.; G. Tolar, So ein Theater!, 1991, s. Reg.; WStLA, Wien.
Autor: (E. Fleissner-Moebius – H. Reitterer)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 66
geboren in Wien
gestorben in Wien

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