Schlesinger, Günther

Schlesinger Günther, Naturwissenschafter und Museumsbeamter. * Dürnkrut (NÖ), 20. 12. 1886; † Wien, 11. 4. 1945 (Selbstmord).

Sohn eines Finanzbeamten, röm. kath., dann gottgläubig; stud. ab 1905 Naturwiss., bes. Zool. bei Grobben (s. d.) und Paläontol. bei Abel (s. d.) an der Univ. Wien, 1909 Dr. phil. und Lehramtsprüfung; 1909/10 Volontär an der Landwirtschaftlich-chem. Versuchsanstalt in Wien sowie am Naturhist. Hofmus., wurde 1910 Konservator und Leiter der naturwiss. Abt. am Niederösterr. Landesmus., 1923 Dir. der Niederösterr. Landessmlg. 1939 schied er aus dem Dienst des Mus. und übernahm das Naturschutzreferat bei der niederösterr. Landesbehörde. S. war um die Ausgestaltung der Schausmlg. des Mus. nach pädagog.-didakt. Prinzipien bemüht, gab für diese einen mehrfach aufgelegten Führer heraus und beschäftigte sich auch theoret. mit musealen Problemen. Als Naturwissenschafter vor allem mit Fragen der Zool. und Paläontol. befaßt, widmete er sich speziell den Rüsseltieren des Tertiärs (Mastodonten), veröff. aber auch populärwiss. Arbeiten. Entscheidend und bestimmend für die Zukunft wurde jedoch sein Wirken für den Naturschutzgedanken, als dessen Begründer in Österr. er gilt und für den er zuletzt ausschließlich tätig war.Schon 1913 initiierte er die Hrsg. der ersten Naturschutzz. Österr., deren Bezieher und Freunde er 1934 im Ver. Österr. Naturschutz – ab 1935 Österr. Ges. für Naturschutz und Naturkde., ab 1938 Donauländ. Ges. für Naturschutz und Naturkde. – zusammenfaßte, dem er als Obmann vorstand. 1917 in die Fachstelle für Naturschutz – im Rahmen des Heimatpflegever. bzw. des Bundesdenkmalamtes – berufen, wirkte er nach deren Auflösung 1929 als ständiger Vertreter der Landesfachstelle für Naturschutz in Österr. 1923 vereinte er die wegen wilder Schlägerungen nach demErsten Weltkrieg entstandenen lokalen Ver. im Österr. Naturschutzverband, der 1939 in der Donauländ. Ges. aufging. Entgegen seinen Erwartungen traf er nach der Eingliederung Österr. in das Dt. Reich nicht auf das nötige Verständnis für seine Bestrebungen. S. ging erstmals über die konservierende Denkmalpflege an einzelnen Objekten hinaus und bezog die „Stimmungswerte“ einer Landschaft mit ein. In zahlreichen Vorträgen und Ztg. Artikeln wies er auch auf die Bedeutung des Naturschutzes für die Wirtschaft – insbes. für die Zweige Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei, Touristik und Fremdenverkehr – hin. Gem. mit dem JuristenAdolf Merkl war er 1924 an der Erstellung eines Naturschutzgesetzes für NÖ, der ersten derartigen Maßnahme in Österr., maßgeblich beteiligt, aus dem wesentliche Punkte in den späteren Gesetzen der anderen Bundesländer und selbst im dt. Reichsnaturschutzgesetz Aufnahme fanden. Daneben galt sein Interesse auch demVer. für Landeskde, von NÖ, bei dem er ab 1918 als Ausschußmitgl., 1925/26 sowie 1931–38 als Zweiter Vizepräs., 1938–45 als Präs. fungierte. In Würdigung seiner Verdienste wurde er 1918 zum Prof., 1931 zum HR ernannt. S. wußte naturwiss. Museol. mit prakt. Naturschutzarbeit zu verbinden und wirkte richtungsweisend für die weitere Entwicklung des Naturschutzes.


Werke: Unser Kronland im Wandel der Zeiten. Grundzüge einer Erd- und Tiergeschichte NÖ, 1913; Die Mastodonten des Naturhist. Staatsmus. ( = Denkschriften des Naturhist. Staatsmus., geolog.- paläontolog. R. 1), 1921; Die Mastodonten der Budapester Smlg., in: Geologica hungarica 2, 1922, auchselbständig; Geolog. Übersichtskarte von NÖ (l: 600.000), (1923); Lehrmus. und Heimaterziehung, in: Jb. für Landeskde. und Heimatschutz von NÖ und Wien, NF 20/1, 1926; Landschaftsraum und Landschaftsrhythmus als Planungsgrundlagen, ebenda, NF 27/50, 1938; Natur und Volk. Probleme um Naturschutz, Wirtschaft, Volkstum und Beruf, (1940); Naturdenkmale in Niederdonau ( = Niederdonau-Ahnengau des Führers 30), 1941; Im Jahreslauf, 1942 (Naturschutzverse); usw. Hrsg.:Heimatkde. von NÖ, 14 He., gem. mit A. Becker und M. Vancsa, 1921-25; Führer durch die Schausmlg. des Niederösterr. Landesmus. . . ., 4. Aufl. 1925. Red.: Bll. für Naturkde, und Naturschutz NÖ 1ff., 1914ff.
Literatur: Natur und Land 35, 1948/49, S. 123ff. (mit Bild); L. Schreiner – K. F. Fügener, ebenda, 40, 1954, S. 2ff. (mit Bild); E. Stüber, ebenda, 60, 1974, S. 125ff. (mit 2 Bildern); Jb. der Wr. Ges., 1929; Kürschner, Gel.-Kal., 1931–35; G. Berka, 100 Jahre Dt. Burschenschaft in Österr. 1859–1959, 1959, S. 83; H. Zapfe, Index Palaeontologicorum Austriae ( = Cat. Fossilium Austriae 15), 1971.
Autor: (H. Feigl – G. Tuisl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 47, 1991), S. 190
geboren in Dürnkrut
gestorben in Wien

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