Rollett, Hermann

Rollett Hermann, Schriftsteller und Lokalhistoriker. * Baden (NÖ), 20. 8. 1819; † ebenda, 30. 5. 1904.

Sohn des Vorigen; besuchte in Wien das Piaristengymn., absolv. danach die pharmazeut. Lehrzeit in Baden und Wien (1842 Tirozinalprüfung), wo er auch Vorlesungen an der Univ. hörte (1857 Dr. phil. Gießen). 1842 trat er mit lyr. Ged. in konventioneller Natursymbolik hervor. Er gehörte dem Kreis um Grün (s.A. A. Gf. Auersperg), K. I. Beck (s. d.) und Lenau (s. Niembsch v. Strehlenau) an und geriet bald in den Bannkreis der polit. Dichtung. Wegen seiner revolutionären Gesinnung von der österr. Polizei verfolgt, floh R. 1845 nach Deutschland, wo er ein unstetes Wanderleben führte. U. a. schrieb er „Kampflieder“ (1848) und gab im gleichen Jahr ein „Republikanisches Liederbuch“ heraus, eine Anthol. der besten polit. Ged. Als Radikaler trat er für eine republikan.demokrat. Verfassung ein. Nach 1848 emigrierte R. in die Schweiz. 1854 in seine Heimat zurückgekehrt, blieb er für ein Jahr in Baden konfiniert, lebte dann vorübergehend in Wien, wo er 1860–62 Pharmazie stud. (1863 Mag. pharm.), dann in Baden. R. wirkte verdienstvoll als polit. Mandatar (u. a. ab 1870 Gemeinde- und Bez.Schulrat, ab 1873 Vizebürgermeister) sowie als Kustos des neu gegründeten, aus den Smlg. seines Vaters bestehenden R.- Mus, und ab 1876 als Leiter des von ihm aufgebauten Stadtarchivs; 1882 Ehrenbürger der Stadt Baden. Das Schwergewicht von R.s schriftsteller. Schaffen liegt auf der Lyrik, doch hat er auch dramat. und ep. Dichtungen verfaßt. In seiner Badener Zeit trat R. vor allem mit kunst- und kulturhist. sowie topograph. Arbeiten hervor, von denen seine Schriften zur Geschichte der Stadt Baden noch heute wertvoll sind.


Werke: Liederkränze, 1842; Ged. (Frühlingsboten aus Österr.), 1846, Neuaufl. 1849; Lyr. Wanderbuch, 1846; Jucunde, 1853 (mehrfach aufgelegt); Ged., 1865, 2. Aufl. 1866; Offenbarungen, 1869, 2. Aufl. 1870; Die drei Meister der Gemmoglyptik A., G. und L. Pichler, 1874; (Neue) Beitrr. zur Chronik der Stadt Baden b. Wien, 13 Bde., 1880–1900, 1. Bd., 2. Aufl. 1902; Abt O. Helferstorfer, 1881; Die Goethe-Bildnisse biograph.-kunstgeschichtlich dargestellt, 1883; Die Special-Schriften über den Curort Baden b. Wien, 1887; Beethoven in Baden, 2. Aufl. 1902; Begegnungen. Erinnerungsbll. (1819–99), 1903; Mein Lebensabriß, hrsg. von P. Tausig, 1908; Zur Geschichte des Badener Theaters, hrsg. von P. Tausig, 1909; Erzählende Dichtungen ( = Universal-Bibl. 412), o. J.; etc. Hrsg.: Republikan. Liederbuch, 1848, Neuausg., hrsg. von P. Tausig, 1919; Briefe von Sonnenfels, 1874; etc.
Literatur: N. Fr. Pr. vom 30. und 31. 5., 5. 6. und 20. 8., Neues Wr. Tagbl. vom 30. und 31. 5., Badener Ztg. vom 1. und 4. 6. 1904; Volks-Ztg. vom 19., Neues Wr. Tagbl. (Abendausg.) vom 20. 8. 1919; Biograph. Jb. 9, 1906, S. 220 ff.; Brümmer; Eisenberg, 1893, Bd. 1; Giebisch-Gugitz; Kosch; Kosch, Kath. Deutschland; Kosel 1; Nagl–Zeidler–Castle 2–4. s. Reg.; H. R. Biograph. Skizze. 1874; L. Katscher, H. R.’s Leben und Werke, 1894; H. Kamptner, H. R. (1819–1904), eine Monographie, phil. Diss. Wien, 1927; Dt. Apotheker-Biographie, hrsg. von W.-H. Hein und H.-D. Schwarz, 2 ( = Veröff. der Internationalen Ges. für Geschichte der Pharmazie e. V., NF 46), 1978; R. Schaudy, H. R. und G. Calliano. Versuch einer Würdigung aus höhlenkundlicher Sicht, in: Höhlen in Baden und Umgebung aus naturkundlicher und kulturgeschichtlicher Sicht ( = Wiss. Beihe. zur Z. „Die Höhle“ 3), 1985, S. 131 ff.; Mitt. H. Seifert. Baden, NÖ.
Autor: (K. Gladt)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 43, 1986), S. 228f.
geboren in Baden
gestorben in Baden

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