Pawel, Jaroslaus

Pawel Jaroslaus (Jaro), Turnpädagoge, Schulmann und Germanist. * Budislau (Budislav, Böhmen), 11. 10. 1850; † Baden (NÖ), 1. 3. 1917.

Sohn eines Domänendir.; stud. ab 1873 an der Univ. Wien Germanistik und klass. Philol., daneben am Konservatorium Musik. 1878 Lehramtsprüfung für Turnen, 1892 für Gesang, 1898 für Germanistik. P. unterrichtete ab 1878 an verschiedenen Höheren Schulen Wiens, 1902–06 am Lehrerseminar in St. Pölten, 1906–17 am Gymn. in Baden Turnen, Dt. und zeitweise auch Latein. P., dem nach seinem Lehrer am Turnlehrer-Bildungskurs J. Hoffer (s. d.) als zweitem österr. Turnlehrer der Prof.Titel (1900) verliehen wurde, war bis zum Ersten Weltkrieg der bedeutendste und vielseitigste Turnfachmann in Österr. 1884–1917 hatte er mit dem Titel eines Lehrers der Theorie und Geschichte des Turnens einen rein theoret. Lehrauftrag an der philosoph. Fak. der Univ. Wien. Dies bedeutete das erste Fußfassen einer selbständigen Sportwiss. im modernen Sinn an einer europ. Hochschule, beruhte allerdings nicht auf einer (angestrebten) regulären Habil. P., der an den Reformen im Schulturnen ab etwa 1890 (Jugendspielbewegung, Sportbewegung, Enquête für körperliche Erziehung 1910) maßgeblich beteiligt war, unternahm viele Stud.Reisen und veröff. zahlreiche Fachbücher und -aufsätze im In- und Ausland. Im liberalen und dt.nationalen Turnver.-Wesen war er viele Jahre als Funktionär und als Ver.Gründer (Turnver. der Wr. Hochschulen 1877, Turnges. Gloggnitz 1878, Turnver. Waidhofen a. d. Ybbs 1879, Turnges. Meran 1883, Wr. Akad. Turnver. 1887) tätig. Die extrem nationalist. und antisemit. Tendenzen im Turnver.Wesen ab den späteren 80er Jahren lehnte er ab. P.s literar. Veröff. nachromant. Prägung enthalten kaum nennenswerte Aussagen. Auf dem Gebiet der Literaturgeschichte beschäftigte er sich mit dem Werk Klopstocks.


Werke: Erik (Drama), 1876; Das Gretchen Wunderhold (romant. Gedicht), 1879; Die literar. Reformen des 18. Jh. in Wien, 1881; Grundriß einer Theorie des Turnens, 2 Bde., 1884–85; Die Pflege der Leibesübungen an den dt. Univ. bis zum Ausgang des 18. Jh., in: Dt. Turn-Ztg., Jg. 29, 1884; Kurzer Abriß der Entwicklungsgeschichte des dt. Schulturnens, 1885; Deutschlands Turner, 1885; Anleitung zur Erteilung des Turnunterrichts an den österr. Realschulen, Tl. 1, 1886; Über die Einführung und Einrichtung der Jugendspiele an der k. k. Theresian. Akad. zu Wien, in: Jbb. der dt. Turnkunst, Jg. 40, 1894; Zur Einrichtung des Schwimmunterrichtes an den Lehrerbildungsanstalten, in: Jahresber. des niederösterr. Landes-Lehrer-Seminars in St. Polten, Jg. 31, 1905/06; Über die Vor- und Ausbildung der Turnlehrer für Mittelschulen, in: Enquete für körperliche Erziehung, 1910; etc. Hrsg.: F. G. Klopstock, Wingolf, 1882; ders., Oden, gem. mit F. Muncker, 1889; Z. für das österr. Turnwesen, Jg. 1–2, 1885–86.
Literatur: RP vom 2. 3., Wr. Ztg. vom 8. 3. 1917; Körperliche Erziehung, Jg. 8, 1912, S. 303 ff.; K. Franz Joseph-Landes-Gymn. und Oberrealschule in Baden b. Wien. 54. Jahresber. über das Schuljahr, 1916/17; Dt. österr. Turnztg., Jg. 43, 1917, S. 146 ff. (mit Bibliographie); Ms. für das Turnwesen, Jg. 36, 1917, S. 139 ff.; Die Österr. Schule, 1937, S. 222 ff.; C. Euler, Enzyklopäd. Hdb. des gesamten Turnwesens, 1895; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Jaksch; Kosch; Kürschner; Nagl–Zeidler–Castle, Bd. 3, S. 945; Eisenberg, 1893, Bd. 1; Kosch, Das kath. Deutschland; F. Hirth–A. Kießlich, Geschichte des Turnkreises Dt. Österr., 1928, S. 420; J. Strohmeyer, Untersuchungen zur Entwicklung der Leibesübungen an den Schulen Wiens im 19. Jh., phil. Diss. Wien, 1960, S. 329 ff.; UA Wien; Mitt. V. Hanus, Wien.
Autor: (H. Strohmeyer)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 34, 1977), S. 366
geboren in Budislav
gestorben in Baden

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