Oettinger, Józef

Oettinger Józef, Medicohistoriker und Politiker. * Tarnów (Galizien), 7. 5. 1818; † Krakau, 2. 10. 1895.

Stud. 1834–36 an der Univ. Krakau Phil., dann Med., 1843 Dr. med. Seine in Krakau erschienene Diss. war eine der ersten aus der Geschichte der Med. in Polen. 1843–53 war Oe. Ass., schließlich Chefarzt am Jüd. Spital in Krakau, für dessen Neubau, der 1855 begonnen wurde, er sich sehr einsetzte. 1850 Dr. chir. Im Sommersemester 1851 vertrat er Hechel bei den Vorlesungen über Geschichte der Med. an der Univ. Krakau. Eine Berufung Oe.s auf den Lehrstuhl für Geschichte der Med. (1852) sowie ein Habil.Ansuchen Oe.s (1862) wurden vorerst vom Min. abgelehnt. 1869 wurde er der erste Priv.Doz. für Geschichte der Med. an der med. Fak. der Univ. Krakau und damit der erste Jude überhaupt, welcher an der Univ. Krakau die Venia legendi erhielt. 1873 ao. Prof. ohne Bezüge, 1889 i. R., hielt er aber weiter seine Vorlesungen, anfangs in der Augenklinik, später im Collegium Novum. Oe. war der einzige Prof., der im 19. Jh. in Krakau ausschließlich Geschichte der Med. an der med. Fak. vortrug. Nach seiner Pensionierung war dieser Lehrstuhl bis 1910 verwaist. Oe., vielfach geehrt und ausgezeichnet, war Mitgl. mehrerer gel. Ges., u. a. ao. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Krakau. Er war neben Bryk, Dietl, Majer (s. d.), Skobl und Zieleniewski einer der Mitbegründer und Chefred. der Z. „Przeglad Lekarski“ (Med. Rundschau), veröff. zahlreiche Arbeiten aus dem Gebiet der Geschichte der Med., der Epidemol. und der Kasuistik und verfaßte mehrere Biographien. Oe. war auch auf polit. und sozialem Gebiet tätig. Er gehörte mit Samuelsohn dem 24köpfigen Nationalkomitee an, welches sich 1848 konstituiert hatte, um die Entlassung der polit. Gefangenen von 1846 zu fordern. Oe. repräsentierte die progressive Gruppe rund um den Klub zur Unterstützung der geistigen und materiellen Bedürfnisse der Juden, den er gem. mit A. Gumplowicz im April 1848 gegründet hatte.


Werke: Umiejetnosc lekarska wobec szkól (Med. Kenntnisse für Schulärzte), 1863; O przesadach lekarskich (Über den med. Aberglauben), 1867; O bledach spospólnych (Über weitverbreitete Irrtümer), 1868; Uzupelnienie slownika J. Majera i F. Skobla (Erg. zum Lex. von J. M. und F. S.), gem. mit S. Janikowski und A. Kremer, 1876; Rys dawnych dziejów Wydzialu Lekarskiego Uniwersytetu Jagiellonskiego (Grundriß der älteren Geschichte der med. Fak. der Jagellonen-Univ.), 1878; Zbiór pism Hipokratesa w swietle nowozytnej krytyki (Die ges. Schriften des Hippokrates im Lichte der neuzeitlichen Kritik), in: Przeglad Lekarski, 1879; Slownik terminologii lekarskiej polskiej (Lex. der poln. med. Terminol.), gem. mit A. Kremer und S. Janikowski, 1881; etc. Übers. ins Poln.: J. Steiner, Compendium der Kinderkrankheiten . . ., gem. mit M. Jakubowski, 1877; etc. Red.: Przeglad Lekarski, 1862 ff.
Literatur: Przeglad Lekarski 34, 1895, S. 593 f.; L. Wachholz–J. Bialon–J. Grochowski, Sklad osobowy Wydzialu Lekarskiego UJ w latach (Personalstand der med. Fak. der Jagellonen-Univ.) 1364–1949, 1963, s. Reg.; S. Kozminski, Slownik lekarzów polskich (Lex. poln. Ärzte), 1883; Hirsch; Pagel; Wininger; Enc. Powszechna S. Orgelbranda, Bd. 19, 1865; Wielka Enc. Powszechna Ilustrowana, Ser. 2, Bd. 3/4, 1904; M. Balaban, Historia zydów w Krakowie i na Kazimierzu (Geschichte der Juden in Krakau und in Kazimierz) 1304–1868, 1936, s. Reg.; M. Skulimowski, Dzieje nauki i nauczania historii medycyny na Uniwersytecie Jagiellonskim i w Akademii Medycznej w Krakowie (Forschung und Lehre der Geschichte der Med. an der Jagellonen-Univ. und der Med. Akad. in Krakau), 1964, s. Reg.
Autor: (J. Lisiewicz–A. Skotnicki)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 33, 1977), S. 213f.
geboren in Tarnów
gestorben in Krakau

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