Helfert, Joseph Alexander Frh. von

Helfert Joseph Alexander Frh. von, Jurist, Historiker und Staatsmann. * Prag, 3. 11. 1820; † Wien, 16. 3. 1910.

Sohn des Vorigen. Stud. an der Univ. Prag Jus, 1842 Dr.jur. 1842–44 Konzeptspraktikant des böhm. Fiskalamtes, 1844–46 Praktikant beim Prager Kriminalgericht, 1846/47 Konzeptspraktikant an der k. k. Hof- und niederösterr. Kammerprokuratur, 1847/48 Supplent für Röm. und Kirchenrecht an der Univ. Krakau; 1848 Reichsratsabg. (konservatives Zentrum). Noch 1848 Unterstaatssekretär für Unterricht unter dem Min. des Inneren Gf. Franz Stadion, verblieb er dies auch unter dem Unterrichtsmin. Gf. Leo Thun-Hohenstein bis zur Auflösung des Min. 1861. 1863 wurde er zum Präs. der Zentralkomm. zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale bestellt und 1894 in den Archivrat im Min. des Inneren als Präs.-Stellvertreter berufen. 1854 Frh., 1861 Geh. Rat, 1881 in das Herrenhaus berufen; Mitgl. der Kgl. Böhm. Ges. der Wiss. in Prag, korr. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien. Für H.s geistige und polit. Entwicklung waren die streng kirchliche Haltung seines Elternhauses und die Erfahrungen aus dem Nebeneinanderleben von Dt. und Tschechen in Böhmen maßgebend geworden und geblieben; aus dem liberalen Gedankengut der Studentenzeit behielt er eine Aufgeschlossenheit für Reformen, die er aber nur in Weiterbildung des geschichtlich Gewordenen durchgeführt wünschte. Dazu kam, bei allem Eintreten für einen Föderalismus der Länder, ein starker gesamtösterr. Patriotismus. In den kirchlichen Fragen war er ein Gegner der staatlichen Bevormundung der Kirche, in der Nationalitätenfrage für die Gleichberechtigung der Nationen, besonders hinsichtlich der Schulen. Grundzug seines polit. Handelns war der Konservatismus, aber mit steter Vermittlungsbereitschaft. Als Unterstaatssekretär ein wertvoller Mitarbeiter an der Unterrichtsreform von Thun und Exner (s. d.) und um die Ausgestaltung der Volksschulen und der techn. Lehranstalten bemüht, verdankt ihm die Univ. Wien die Gründung des Inst. für österr. Geschichtsforschung. Wesentlichen Anteil hatte er auch an der Einrichtung des Archivrates im Min. des Inneren und an der gesetzlichen Regelung des Denkmalschutzes. Für das kath. wiss. Leben ist er durch die Gründung der Leo-Ges. 1892 von Bedeutung gewesen.


Literatur: R.P. und M.Pr. vom 17. 3. 1910; S. Frankfurter, Gf. Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz, 1893; E, v. Ottenthal, Das k. k. Inst. für österr. Geschichtsforschung 1854–1904, 1904; J. Hirn, Dem Andenken H.s, 1911; H. Friedjung, Hist. Aufsätze, 1919: Bittner; J. Hlavacek, J. A. H., seine Jugend und seine polit. Tätigkeit bis zu seiner Ernennung zum Unterstaatssekretär, Diss. Wien, 1936; F. Pisecky, J. A. Frh. v. H. als Politiker und Historiker, Diss. Wien, 1949; Carinthia, Jg. 100, 1910, S. 99; Hist. Vierteljahrsschrift 13, 1910, S. 256; Z. für österr. Volkskde. 1901, S. 33, 1910, S. 60: Kunsthist. Stud., hrsg. v. J. Ranftl, 1910, S. 182 f.; A. Lhotsky, Geschichte des Instituts für österr. Geschichtsforschung 1854–1954, MIÖG, Erg. Bd. 17, 1954; Österr. Rundschau 23, 1910, S. 163; Almanach Wien, 1910; Wurzbach.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 8, 1958), S. 256f.
geboren in Prag
gestorben in Wien

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