Günther, Anton

Günther Anton, Religionsphilosoph. * Lindenau (Lindava, Böhmen), 17. 11. 1783; † Wien, 24. 2. 1863.

Stud. zuerst in Prag Phil. bei B. Bolzano (s. d.), wurde aber vom dt. Idealismus stärker berührt und ging 1810 nach Wien, wo ihn Cl. M. Hofbauer sehr anzog, der in ihm den Augustinus seines Kreises sah. Von F. Schlegel und A. Müller beeinflußt. G., 1820 zum Priester geweiht, wurde der Begründer der Wr. romant. Theol. Die Scholastik erschien ihm als reine Begriffsphilosophie durch den dt. Idealismus unmöglich gemacht. In der „Vorschule zur spekulativen Theologie“, 2 Bde. (1828), versuchte G. deswegen eine nichtscholast. philosoph. Grundlegung der r.k. Theologie. Er glaubte mit seinem Dualismus eine Synthese von Glauben und Wissen gerade in den schwierigsten Dogmen der Kreation und Inkarnation gefunden zu haben. Von den gebildeten Katholiken freudig begrüßt, besetzten Güntherschüler bald die meisten phil. Lehrstühle an den kath.-theol. Fakultäten und Lehranstalten in Deutschland. Auch in Österr. wurde G. der geistige Mittelpunkt der gebildeten Katholiken. Im Neoabsolutismus setzte der Kampf gegen G. und seine Lehren ein und führte entsprechend der siegreichen Wiederbelebung der scholast. Phil. 1857 zur Verurteilung seiner Lehre. G. und die meisten seiner Schüler, Bischöfe (F. Schwarzenberg, A. Arnold), Ordensleute (Bruder Wolter, O.S.B.), Theologen (K. Werner, J. E. Veith), Philosophen (H. Löwe), unterwarfen sich. Einige aber, wie Reinkens, Baltzer, Knoodt, wurden Begründer des Altkatholizismus. G. gehörte zu den wenigen Österreichern, die als Philosophen weit über Österr. hinaus gewirkt haben. Korr. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien.


Literatur: P. Knoodt, A. G., 2 Bde., 1881; Almanach Wien, 1863; E. Winter, Die geistige Entwicklung A. G.s und seiner Schule, 1931; R. A. Dempf, Die Staatsphilos. A. G.s vom Jahre 1848, Diss. Wien, 1948; Buchberger; Enc.It.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 7, 1958), S. 100f.
geboren in Lindava
gestorben in Wien

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