Friedjung, Heinrich

Friedjung Heinrich, Historiker und Publizist. * Roschtin (Roštín, Mähren), 18. 1. 1851; † Wien, 14. 7. 1920.

Sohn eines jüd. Kaufmannes, stud. an den Univ. Prag, Berlin und Wien, 1871–73 am Institut f. österr. Geschichtsforschung; unterrichtete von 1873–79 Geschichte und Deutsch an der Handelsakad. Wien und wirkte gleichzeitig auch wiss. und politisch. Dt.-national und radikal-liberal gesinnt, schloß sich F. G. v. Schönerer an und bekämpfte in seiner Schrift „Der Ausgleich mit Ungarn“ den Altliberalismus. Die Denunziation eines Kollegen führte 1879 zu seiner Entlassung durch den Unterrichtsmin. Stremayr. In den folgenden Jahren war F. als Journalist und Politiker tätig, nahm an der Ausarbeitung des „Linzer Programms“ 1882 Anteil, gab 1883–86 die „Deutsche Wochenschrift“ heraus und war von 1886–87 Chefredakteur der „Deutschen Zeitung“ (Organ der dt.-nationalen Partei). Die folgenden Jahre brachten F. in schärfsten Gegensatz zu der Richtung Schönerers, dessen Antisemitismus er ablehnte. 1891–95 war F. als Mitgl. des Wiener Gemeinderates nochmals aktiv in der Politik tätig, dann wirkte er nur mehr als Wissenschafter und Publizist. In zahlreichen Aufsätzen und Artikeln nahm er zu aktuellen Fragen Stellung und wurde gleichzeitig durch seine Forschungen und Darstellungen zur Geschichte der francisco-josephinischen Zeit einer der bedeutendsten Historiographen seiner Tage, dessen Hauptwerk „Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland“ selbst nach dem Erscheinen von Srbiks „Deutscher Einheit“ seine Bedeutung nicht verloren hat. F.s Prestige als Historiker erlitt nur eine Einbuße, als er zur Zeit der Annexionskrise 1908/09 ihm vom Außenmin. übergebene serbische Dokumente veröffentlichte, die sich aber im sogen. „Friedjung-Prozeß“ als Fälschungen erwiesen. Die Vollendung seines zweiten Hauptwerkes „Das Zeitalter des Imperialismus“ hat F. nicht mehr erlebt, das Werk wurde von A. F. Pribram (s. d.) zu Ende geführt. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien.


Literatur: Almanach Wien, 1921; Biogr.Jb. 1917–20; F. Graf, H. F. und die südslawische Frage, Diss. Wien, 1950; K. Adametz, 100 Jahre Wiener Männergesang-Verein, 1943, S. 515; Uhlirz, s. Reg.; Santifaller, n. 56; Enc.It.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 362f.
geboren in Roštín
gestorben in Wien
wirkte in Wien
war Student Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin
war Student Universität Wien
war Mitarbeiter von Universität Wien. Institut für Österreichische Geschichtsforschung
war Lehrer Wiener Handelsakademie
war Herausgeber Deutsche Wochenschrift. Organ für die gemeinsamen nationalen Interessen Oesterreichs und Deutschlands 1883-1886
war Chefredakteur Deutsche Zeitung (Wien) 1886-1887
war Mitglied Wiener Gemeinderat 1891-1895
war Mitglied Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien
war Student Karls-Universität Prag (1348-1882)

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