Fallmerayer, Jakob Philipp

Fallmerayer Jakob Philipp, Orientalist. * Tschötsch b. Brixen (Südtirol), 10. 12. 1790; † München, 25./26. 4. 1861.

F. kam als 4. Kind (7 Brüder, 2 Schwestern) der Bauersleute Johann F. und Maria, geb. Klammer, zur Welt. Den ersten Unterricht empfing er in der Tschötscher Dorfschule, besuchte dann die Volksschule und die Domschule zu Brixen. Im Herbst 1809 begann er in Salzburg das Studium der Theol., das er 1812/13 zu Landshut mit dem der klassischen Philol. vertauschte. Nach dem Militärdienst 1813–18 wurde er Lehrer am Gymn. zu Augsburg, 1821 Prof. am Progymn. Landshut. Dort löste er 1823 die Preisschrift der Dänischen Akad. d. Wiss. über die Geschichte von Trapezunt, die 1827 erschien. 1831 trat er die erste Orientreise an, die er in seinen berühmten, stilistisch meisterhaften ‚Fragmenten‘ beschrieb. 1834 i. R., begab sich F. wieder auf Reisen und machte 1840 die zweite, 1847 die dritte Orientreise. F. verkehrte mit dem Kronprinzen Maximilian, dem späteren Kg., war dessen Berater über Hellas und das Verhältnis Europa-Asien (1844–46), wurde 1848 zum Mitgl. des Frankfurter Parlaments gewählt und auf Wunsch des Kgs. als Nachf. von J. Görres zum Univ.-Prof. in München ernannt. Eine Berufung nach Wien lehnte er ab. 1849 mußte er als Mitgl. des sog. Rumpfparlaments in Stuttgart in die Schweiz fliehen und wurde steckbrieflich verfolgt. 1849 wurde er in den Ruhestand versetzt, neue Verhandlungen mit Wien und Zürich scheiterten. 1850 kehrte er nach München zurück, ging dann viel auf Reisen und arbeitete an seinen ‚Fragmenten‘. Besonders von klerikaler Seite heftig angefeindet, verbrachte er sein letztes Jahrzehnt teils auf Reisen, teils in Heilbädern in unlustiger Stimmung, die seine Tagebücher widerspiegeln. Niedergedrückt und verzweifelt arbeitete er seit 1860 an der Herausgabe seiner Gesammelten Schriften, als ihn der Tod überraschte. Dr. h. c. der Univ. Tübingen, Mitgl. d. Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss., der Ung. Akad. d.Wiss., der Akad. d. Wiss. in Wien. F. ist in weiten Kreisen noch immer als Meister deutschen Stiles und als Briefschreiber im Gedächtnis, während seine wissenschaftlichen Werke, schon zu seinen Lebzeiten umstritten, in Vergessenheit geraten. Seine berühmte Theorie über die albanische Herkunft der Neugriechen hat ihm viele Feinde vor allem in Griechenland gebracht, wozu sich zahlreiche Widersacher vor allem aus kirchlichen Kreisen gesellten. Seine These über Byzanz und Moskau behält bis in die Gegenwart ihre Schlagkraft.


Literatur: F. Babinger, J. Ph. F., in: Bayerland 31, 1920, S. 269ff., in: Euphorion 26, 1925, S. 270ff., in: Der Schlern 2, 1921, S. 177ff.; H. Seidler, J. Ph. F.S geistige Entwicklung, in: Abh. der Bayer. Akad. d. Wiss., N. F., H. 26, 1947 (nahezu vollständiges Lit.-Verz.); J. Ch. Mitterrutzner, Fragmente aus dem Leben des Fragmentisten, 1887; H. O. Eberl, J. Ph. F.s Schriften in ihrer Bedeutung für die Erkenntnis des greko-slaw. Kulturkreises, Diss., 1930; M. H. Gersdorf, Drei österr. Orientreisende des 19. Jh. und ihr schriftstellerisches Werk, Diss. Wien, 1940; E. Antonopulo, J. Ph. F. Eine Untersuchung der Fragmente aus dem Orient, Diss. Wien, 1948; Almanach Wien, 1862, 1911; Wurzbach; ADB.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 285f.
geboren in Scezze
gestorben in München

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