Csokor, Franz Theodor

Csokor Franz Theodor, Schriftsteller. Geb. Wien, 6. 9. 1885; gest. ebd., 5. 1. 1969 (Ehrengrab: Wiener Zentralfriedhof); röm.-kath.– Sohn von Johann Nepomuk Csokor (→Istvan Cokor).

C. besuchte verschiedene Gymnasien in Wien sowie Niederösterreich und maturierte 1905 am Obergymnasium in Mödling. Danach studierte er bis 1910 Kunstgeschichte und Germanistik in Wien, schloss jedoch wegen seiner zunehmenden literarischen Tätigkeit, u. a. als ständiger Mitarbeiter der Zeitschriften "Die Muskete" und "Der Merker", nicht ab. 1912 erschien seine erste selbstständige Publikation "Die Gewalten. Ein Band Balladen", sein Einakter "Thermidor" wurde auf Ungarisch an der Neuen Bühne in Budapest uraufgeführt. Anlässlich eines Gastspiels der Truppe Ida Orloffs (→Ida Siegler von Eberswald) 1913/14 in St. Petersburg, an dem C. als Dramaturg beteiligt war, setzte er sich intensiv mit dem russischen Expressionismus auseinander. 1915 wurde sein Mysterienspiel "Der große Kampf" am Deutschen Volkstheater in Wien uraufgeführt. Zuerst Soldat an der Ostfront, war er ab 1916 dem Kriegspressequartier in Wien zugeteilt. 1918 erschien sein zweiter Gedichtband "Der Dolch und die Wunde". 1922–28 war er Dramaturg am Raimundtheater und am Deutschen Volkstheater in Wien. Sein öffentlicher Protest gegen die Verfolgung von Schriftstellern im Dritten Reich auf dem P.E.N.-Kongress in Ragusa (Dubrovnik) 1933 hatte das Verbot seiner Werke in Deutschland zur Folge. Zu einem großen Erfolg geriet 1937 die Uraufführung des Stücks "3. November 1918" am Wiener Burgtheater, in dem er den Zusammenbruch der Habsburgermonarchie behandelt und das bis heute zu seinen bekanntesten Werken zählt. Im März 1938 flüchtete C. nach Polen und im September 1939 nach Bukarest, wo er die polnische Staatsbürgerschaft erhielt. 1941 floh er nach Kroatien und wurde auf der von Italien besetzten Insel Korcula als Zivilgefangener interniert. Nach der Kapitulation Italiens im Herbst 1943 gelangte C. auf einem Partisanenschiff in das von den Alliierten bereits befreite Süditalien, schloss sich in Bari der britischen Armee an und arbeitete in der Folge in Neapel und Rom für den alliierten Militärverband sowie die BBC. 1946 kehrte C. in britischer Uniform nach Wien zurück, wo im selben Jahr seine Gedichte aus der Zeit der Emigration, "Das schwarze Schiff", erschienen. C. erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 1925 und 1953 den Literaturpreis der Stadt Wien, 1936 das Goldene Verdienstkreuz der Republik Polen, 1937 den Grillparzerpreis sowie Burgtheaterring und 1955 den Großen Österreichischen Staatspreis. C. war ab 1947 erster Nachkriegspräsident des Österreichischen P.E.N.-Clubs, ab 1967 Vizepräsident des Internationalen P.E.N.-Clubs.


Literatur: Hall–Renner; Killy; Kosch; P. Wimmer, Der Dramatiker F. Th. C., 1981 (m. B., W. u. L.); B. Brandys, F. Th. C. Identität von Leben und Werk, 1988 (m. W.); H. Klauhs, F. Th. C. Leben und Werk bis 1938 im Überblick, 1988; Immer ist Anfang. Der Dichter F. Th. C., ed. J. P. Strelka, 1990; Lebensbilder eines Humanisten. Ein F. Th. C.-Buch, ed. U. N. Schulenburg, 1992; A. Schaaf-Zielinska, Der Begriff des Exils im literarischen Schaffen F. Th. C.s unter besonderer Berücksichtigung seiner Exilzeit in Polen (1938–1939), phil. DA Wien, 1997; Kindlers Literatur-Lexikon 4, 3. Aufl. 2009; Österreichisches Exil in Italien 1938–1945, ed. C. Köstner – K. Voigt, 2009, s. Reg.; http://www.literaturepochen.at/exil (Zugriff 16. 11. 2010); UA, Wien.
Referenz: ÖBL Online-Edition, Bd. (Lfg. 1, 2011)
geboren in Wien
gestorben in Wien

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