Berger, Alfred

Berger Alfred, Versicherungsmathematiker. Geb. Brünn, Mähren (Brno, CZ), 16. 2. 1882; gest. Wien, 10. 3. 1942; röm.-kath.

Sohn des Hofbuchhändlers und Handelskammerrates August Berger; verheiratet mit (Ele)Nora, geb. Voigtel, verwitwete Forster (geb. 1882; gest. 27. 4. 1965). – B. besuchte ab 1893 das erste deutsche Gymnasium in Brünn und studierte ab 1901 Mathematik und Physik an der TH München sowie ab 1902 an der Universität Wien u. a. bei Wilhelm Wirtinger; 1906 Dr. phil. Anschließend vervollkommnete er seine Ausbildung an der Universität Göttingen. 1907 wurde er Assistent an der 1. Mathematischen Lehrkanzel der TH Brünn, kehrte jedoch 1908 zu weiteren mathematischen und versicherungsmathematischen Studien nach Wien zurück. Anfang 1909 erhielt B. eine Anstellung im mathematischen Büro der Lebensversicherungsgesellschaft Phönix in Wien. 1910 beeideter Versicherungstechniker, leitete er ab 1911 das mathematische Büro und war zusätzlich ab 1919 stellvertretender und ab 1927 statuarischer Direktor der Gesellschaft Phönix. 1928 habilitierte sich B. für Mathematik der Privatversicherung und mathematische Statistik an der Universität Wien. Ab 1928/29 fungierte er als Prüfungskommissär für Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik sowie Versicherungsmathematik und Buchhaltung; 1933 tit. ao. Prof. Nach dem Phönix-Skandal 1936 wurde B. von der Österreichischen Versicherungs A. G., der Nachfolgeorganisation der Phönix, als Chefmathematiker übernommen, und hatte dort weiterhin die Leitung der Mathematischen Abteilung inne. Im Sommer 1938 erfolgte Anklage gegen B. wegen betrügerischer Krida einiger Direktoren der Phönix. Obwohl das Verfahren 1939 eingestellt wurde, trat er in den Ruhestand. Aufgrund der Anklage wurde er 1938 auch vom Dienst an der Universität suspendiert, konnte aber seine Vorlesungen als außerplanmäßiger Professor im Wintersemester 1939 wieder aufnehmen. B., der neben Alfred Tauber als führender Fachmann Österreichs für Versicherungswesen galt, verfasste drei Lehrbücher zur Versicherungsmathematik. Sein zweibändiges Werk „Die Prinzipien der Lebensversicherungstechnik“ (1923, 1925) gilt als erste umfassende Darstellung einer Gewinntheorie, für die auch fremdsprachige Literatur ausgewertet wurde, und enthält eine neue Begründung der Theorie des durchschnittlichen Risikos. In zahlreichen Aufsätzen beantwortete B., der Mitglied der Mathematisch-Statistischen Vereinigung des Österreichisch-ungarischen Verbandes der Privat-Versicherungs-Anstalten war, vor allem theoretische Fragen des Versicherungswesens wie solche zum Deckungskapital, insbesondere zur Risikotheorie, zur Gewinnverteilung, zum Zinsfußproblem und zum Einfluss der Rechnungsgrundlagen. Er erarbeitete dabei einheitliche Grundlagen der Versicherungswissenschaft. Dieser allgemeine Ansatz führte u. a. zur Entdeckung des Verschiebungssatzes. Die Bedeutung seiner Abhandlungen liegt in der Verbindung wissenschaftlicher Forschung mit praktischen Notwendigkeiten.


Referenz: ÖBL Online-Edition, Bd. (Lfg. 2, 2013)
geboren in Brünn
gestorben in Wien

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