Bleyer, Jakob

Bleyer Jakob (Jakab), Ps. B. Schwabe, Literaturwissenschaftler und Politiker. Geb. Tscheb, Ungarn (Čelarevo, SRB), 25. 1. 1874; gest. Budapest (H), 5. 12. 1933; röm.-kath.

Sohn des Landwirts Jakob Bleyer (1843–1924) und von Veronika Bleyer, geb. Stern (1848–1925); ab 1902 verheiratet mit Wilhelmine Bleyer, geb. Holzinger (geb. 1881). – B. absolvierte 1885–93 das Gymnasium in Neusatz sowie bei den Jesuiten in Kalocsa, wo er zugleich Kleinseminarist war. 1893–94 studierte er dort auch Theologie, 1894–97 Germanistik und Ungarisch an der Universität Budapest. 1895–97 Mitglied des Eötvös József Kollegiums, promovierte B. 1897 zum Dr. phil. bei →Gustav Heinrich und →Gedeon Petz, erwarb 1898 das Lehrerdiplom und war in der Folge mit Unterbrechungen bis 1908 als Lehrer in Budapest und Ödenburg tätig. 1903–04 studierte er mit einem Staatsstipendium Germanistik in München und Leipzig, wo er u. a. die Vorlesungen von Hermann Paul, Karl Lamprecht, Eduard Sievers und Wilhelm Wundt hörte. 1905 habilitiert für Germanistik, war B. 1905–08 Privatdozent für deutsche Sprachwissenschaft und Literatur an der Universität Budapest, 1908–11 Professor an der Universität in Klausenburg, wo er auch die Leitung des Lehrstuhls für deutsche Sprache und Literatur innehatte, und 1911–19 o. Professor der deutschen Literaturgeschichte an der Universität Budapest. Während der Räterepublik von März bis August 1919 vom Dienst suspendiert, bekleidete B. ab 1921 bis zu seinem Tod erneut die Stelle des o. Professors der deutschen Literaturgeschichte an der Universität Budapest. Als Germanist widmete sich B. in erster Linie den deutsch-ungarischen literarischen Wechselbeziehungen bzw. der Rezeption der deutschsprachigen Literaturen in Ungarn (u. a. „A magyar hun-monda germán elemei“, in: Századok 39, 1906, deutsch: „Die germanischen Elemente der ungarischen Hunnensage“, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 31, 1906; „Gottsched hazánkban“, 1909; „Hazánk és a német philologia a XIX. század elején“, 1910). 1914–29 Redaktionsmitglied bzw. Mitherausgeber der philologischen Fachzeitschrift „Egyetemes Philologiai Közlöny“, 1929–33 Gründer bzw. Herausgeber der „Deutsch-Ungarischen Heimatblätter“ sowie 1921–29 des Wochenblatts „Sonntagsblatt“, entfaltete B. nicht nur eine breite wissenschaftliche und kulturelle, sondern auch eine bedeutende politische Tätigkeit. 1918–19 trat er durch kritische Publikationen über die ungarische Minderheitenpolitik in Erscheinung. Ab August 1919 bis Dezember 1920 Minister ohne Portefeuille für nationale Minderheiten, 1923 Mitbegründer des Ungarnländischen Deutschen Volksbildungsvereins, 1926–33 Abgeordneter im ungarischen Parlament, setzte sich B. stets vehement für die Gleichberechtigung der nationalen Minderheiten ein und galt als einer der bedeutendsten politischen Wortführer der Deutschen in Ungarn. 1910 k. Mitglied der Magyar Tudományos Akadémia, 1926 Dr. phil. h. c. und Ehrensenator der Universität Tübingen, 1933 Mitglied der Deutschen Akademie München, wurde B. u. a. 1932 mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.


Literatur: Denkschrift für J.B., 1874–1933, in: Ungar. Bibl. 1, 17, vilem. 18, 1934; J. Koszò, J.B. als Pädagoge, in: Ungar. Jbb., Bd. 14, 1934; G. Gratz, J.B. als Politiker, ebda.; Th. Thienemann, J.B. als Germanist, ebda.; A. Török, J.B. als Nationalitätenmin., ebda.; Irodalmi L.; Uj Idök 2, S. 961; Révai 3, S. 411; Gulyás 3.
Referenz: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)
geboren in Čelarevo
gestorben in Budapest

Lifeline