Thürheim, Louise Gfn. von

Thürheim Louise (Lulu) Gfn. von, verehel. Thirion, Malerin und Zeichnerin. Geb. Schloss Orbeck bei Tirlemont (B), 14. 3. 1788; gest. Döbling, NÖ (Wien), 22. 5. 1864 (begraben: Schloss Schwertberg, OÖ).

Tochter des k. k. Kämmerers und Lüttichschen Deputierten Josef Wenzel Gf. v. T. (1749–1808) und der Sternkreuzordensdame Luise Gfn. v. T., geb. Gfn. Berghe v. Trips (1759–1812), Tante der Malerin Therese Gfn. v. T. (geb. Linz, OÖ, 30. 4. 1831; gest. Schloss Schwertberg, 5. 11. 1909) und von →Andreas Joseph Gf. v. T., Schwägerin von →Andreas Fürst Razumovsky; ab 1832 in heiml. Ehe mit Charles Thirion (gest. 1832), dem Sekr. Razumovskys, verbunden. – Auf der Flucht vor den Auswirkungen der französ. Revolution kam T. nach Zwischenstationen in Aachen und Münster 1794 gem. mit ihrer Familie nach Schwertberg und hielt sich seither abwechselnd auf dem dortigen Schloss und in Wien auf, wo sie 1802 bei Hof vorgestellt wurde. Bereits 1806 begann sie zu zeichnen und nahm 1819 bei Sir Thomas Lawrence, der damals in Wien weilte, Unterricht. Im selben Jahr reiste sie nach Kiew, St. Petersburg und Moskau, 1820 kehrte sie nach Wien zurück. Während ihres Italienaufenthalts (1822–24) knüpfte sie Kontakte zu →Antonio Canova, →Josef Rebell sowie →Johann Nepomuk Ender und →Thomas Ender. In den Folgejahren trat sie v. a. als Landschaftsmalerin sowie Porträtistin hervor. In ihren qualitätsvollen künstler. Arbeiten, die auch als Alben (Persönlichkeiten ihres Bekanntenkreises, 1823–25) erschienen, war sie bestrebt, ihre Eindrücke realist. und unprätentiös wiederzugeben. Weiters hervorzuheben sind ihre in französ. Sprache verf. Memoiren, die allerdings lt. ihrem Testament erst 50 Jahre nach ihrem Tod veröff. werden durften. René van Rhyn gab sie 1913–14 in dt. Übers. unter dem Titel „Mein Leben. Erinnerungen aus Österreichs grosser Welt 1788–1852“ in 4 Bde. heraus. Diese Aufzeichnungen vermitteln ein kultur- und geistesgeschichtl. aufschlussreiches Bild v. a. über die Zeit des Wr. Kongresses. T., die nach dem Tod ihres Mannes bis 1835 als Stiftsdame im Brünner adeligen freiweltl. Damenstift Maria-Schul weilte, dann aber wieder nach Wien übersiedelte, unternahm zahlreiche Reisen in die Schweiz, nach England, Frankreich, Italien und Russland, die sie in Reisetagebüchern, die von ihr auch illustriert wurden, dokumentierte. Die letzten Jahre verbrachte sie in Schwertberg bzw. Döbling.


Werke: Weitere W.: s. Assmann.
Literatur: Czeike; Fuchs, 19. Jh.; Giebisch–Gugitz (s. Thirion L.); Thieme–Becker; Wurzbach 44, S. 282; J. Puchner, in: Mühlviertler Nachrichten 77, 1966, Nr. 13, S. 43; H. Fuchs, Die österr. Bildnisminiatur 2, 1982; P. Assmann u. a., L. v. T. (1788–1864), Linz 1995 (Kat., m. B. u. W.); H. Slapnicka, Berühmte Persönlichkeiten aus dem Mühlviertel und dem Böhmerwald 1, 2001, S. 65ff. (m. B.).
Autor: (Ch. Gruber)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 316
geboren in Tienen
gestorben in Wien

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