Thornton, Johann Edler von

Thornton Johann (John) Edler von, Mechaniker und Unternehmer. Geb. Manchester (GB), 1771; gest. Baden (NÖ), 28. 3. 1847 (Ehrengrab: Pottendorf, NÖ).

Sohn von Thomas T. und Elizabeth T. (gest. Münchendorf, NÖ, 1819), die nahe Bradford in West Yorkshire eine kleine Landwirtschaft betrieben hatten, Bruder von Jonathan T. (s. u.) und Josef T., Vater von Josef Edlem v. T. (1805–1834), Karl Edlem v. T. (1807–1881), Eduard Edlem v. T. (1808–1831), Karoline Edlen v. T. sowie der mit dem Pottendorfer Bgm., Gmd.- und Fabriksarzt Anton Heinrich Kraitschek verheirateten Marie (Maria) Edlen v. T. d. J. (1814–1865); verheiratet mit Marie (Mary, Maria) Edlen v. T. d. Ä., geb. Parisot (1779–1849). – Als gelernter Spinner war T. in England zuletzt für die Chorlton Twist Co. in Manchester tätig. Er hatte sich bei seiner Arbeit Kenntnisse des Maschinenbaus angeeignet und wanderte 1799 nach Hamburg aus, wo er unter Umgehung des brit. Verbots eine Baumwollspinnerei für Georg Christoph Hansen einrichtete. Dort gewann ihn Baron Karl Glave-Kolbielski im Auftrag der octroyirten Wr. Commerzial-, Leih- und Wechselbank für die Errichtung einer Baumwollspinnerei nach engl. Muster. Damit wurde T. zum Pionier der österr. Baumwollind. Er stellte 1801 zunächst in Hernals (Wien 17) Spinnmaschinen auf und übersiedelte anschließend nach Pottendorf, wo er die erste erfolgreiche mechan. Spinnerei der Monarchie etablierte und leitete. Bau und Probebetrieb der Maschinen erfolgten anfangs im Schloss von →Nikolaus Fürst Esterházy, einem der Ges. der neu gegr. k. k. priv. Garn-Manufaktur-Ges. 1802 begann der Bau der Fabriksanlagen. Neben dem Werkskanal entstanden die sog. Faktoreien (Elisabeth-, Simons-, Josephi-, Catharinen-Faktorei) sowie zahlreiche Werkstätten für Tischler, Riemer, Gelbgießer, Dreher und Drechsler, eine Feilhauerei, eine Ziegelei, Schmelzöfen, Arbeiterwohnhäuser etc. Für die in der Fabrik beschäftigten Kinder wurde ein eigenes Haus errichtet, 1822 folgte eine Fabriksschule. Zehn Jahre nach Werksgründung fanden in Pottendorf 1.800 Personen Arbeit, in Betrieb standen 38.880 Spindeln. 1835 war T. Leiter der größten Baumwollgarnspinnmanufaktur der Monarchie und vermutl. einer der größten auf dem europ. Festland. In ihr wurden auf über 1.000 Maschinen (Mule-, Water- und Hilfsmaschinen aller Art) jährl. 600.000 kg Garne produziert. Die Einwohnerzahl Pottendorfs war auf 2.000 angewachsen, 70 neue Häuser waren gebaut worden und 1.300 Personen arbeiteten direkt in der Fabrik. 1843 trat T. von der Dion. der Pottendorfer Baumwollspinnerei und Zwirnerei, an deren Gewinn er mit 25 Prozent beteiligt war, zurück. Er besaß diverse Privilegien, u. a. auf eine Maschine zur Schnellspinnerei (1812), eine Schlichtmaschine (1818) und eine Verbesserung der Spinn- und Vorbereitungsmaschine (1822). In Ansehung seiner Verdienste um die österr. Textilind. war er 1812 nob. worden. Sein Bruder


Literatur: Vaterländ. Bll. …, 9. 11. 1811; Slokar, s. Reg.; J. J. Knolz, Darstellung der … Baumwoll-Spinnerei-Fabriken in NÖ, 1843, passim; G. Otruba, Die wirtschaftl. und soziale Entwicklung NÖ ... 3, 1956, S. 121ff.; H. Matis, Die Manufaktur und frühe Fabrik im Viertel unter dem Wr. Wald, phil. Diss. Wien, 1964, passim; R. Hertzka, Die Chronik der Großgmd. Pottendorf, (1990), passim (m. B., auch von Marie v. T. d. Ä., Marie v. T. d. J., Karl v. T., Josef v. T.); H. Freudenberger, in: „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen ...“, 1997, S. 111ff.; C. Ham, in: Die Pottendorfer Spinnerei 1801–1976, Pottendorf 2001, S. 16ff. (Kat.); G. Chaloupek u. a., Österreichische Ind.geschichte 1, 2003, S. 198f. (m. B., auch von Marie v. T. d. Ä.); H. Matis, Die Schwarzenberg-Bank, 2005, s. Reg.; G. A. Stadler, Das industrielle Erbe NÖ, 2006, S. 551ff.; H. Matis, in: Unternehmertum im Spannungsfeld von Politik und Ges., ed. ders. u. a., 2010, S. 53ff.; AVA, Wien.
Autor: (E. Offenthaler)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 311
geboren in Manchester
gestorben in Baden

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