Stern, Hugo

Stern Hugo, Sprachphysiologe und Laryngologe. Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 21. 4. 1875; gest. Nizza (Nice, Frankreich), 7. 7. 1941; mos.

Sohn eines Prokuristen. Nach Absolv. des Gymn. stud. S. ab 1894 Med. an der dt. Univ. Prag; 1903 Dr. med. Zunächst Externarzt an verschiedenen Kliniken, vervollkommnete er sein Wissen an der laryngolog. Klinik in Berlin als Ass. bei Hermann Gutzmann. 1904 gründete S. unter Lothar v. Frankl-Hochwart (s. d.) das erste Ambulatorium für Sprachkranke, 1910–19 leitete er die Abt. für Sprach- und Stimmkranke am K. Franz Josephf Spital in Wien. 1919 errichtete er gem. mit Miloslav Seemann ein phonet. Laboratorium an der laryngolog. Klinik in Wien und übernahm 1920 die Leitung der Ambulanz für Stimm- und Sprachstörungen, wo er den Begriff Phoniatrie begründete. 1921 konnte sich S. an der Univ. Wien für Laryngo-Rhinol. mit bes. Berücksichtigung der Phoniatrie habil., 1933 ao. Prof. Wiss. zeichnete sich S., der als international anerkannter Stimmdiagnostiker und Stimmpädagoge galt, durch rund 160 Publ. auf dem Gebiet der Phoniatrie aus. Zahlreiche Arbeiten befaßten sich mit der Physiol. und Pathol. der Stimme, mit Sprachstörungen wie Stottern, Stammeln und Taubstummheit, sein bes. Interesse galt der experimentellen Phonetik und den operativen Eingriffen am Stimmorgan. In seiner Monographie „Die Notwendigkeit einer einheitlichen Nomenklatur für die Physiologie, Pathologie und Pädagogik der Stimme“ (1928) wurden erstmals alle Probleme der damaligen Stimmforschung zusammengefaßt dargestellt. S. erhielt 1918 das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone am Band der Tapferkeitsmedaille, außerdem war er Mitgl. der Ges. der Ärzte in Wien, der Österr. phonet. Ges. und der Laryngolog. Ges. 1938 wurde seine Venia legendi widerrufen, 1939 flüchtete er nach Paris und ließ sich, da er kein amerikan. Visum erhielt, in Nizza nieder.


Werke: Pathogenese des Stotterns, 1910; Die Indikationen für rhinolog. Operationen von phoniatr. Gesichtspunkte aus, 1919; Die symptomat. Sprachstörungen, 1922; Der Stimm- und Sprechmechanismus Laryngektomierter 1922; Die phoniatr. Behandlung von Rekurrenslähmungen, 1924; Stimmlippenfunktion-Resonanzfragen, 1927; Normaler und patholog. Sprachrhythmus, 1930; etc.
Literatur: Fischer; Hdb. der Emigration; Hdb. jüd. AutorInnen (m. L.); Jb. der Wr. Ges.; Kürschner, Gel.Kal., 1926; Wininger; I. Fischer, Geschichte der Ges. der Ärzte in Wien 1837–1937, 1938, S. 149, 212; J. Merinsky, Die Auswirkungen der Annexion Österr. durch das dt. Reich auf die med. Fak. der Univ. Wien … 1938, phil. Diss. Wien, 1980, S. 257f.; Bibliographia Judaica 3, bearb. R. Heuer, 1988; K. Mühlberger, Dokumentation „Vertriebene Intelligenz 1938“, 2. Aufl. 1993, S. 34; UA, Praha, Tschechien; Tagbl.Archiv, WStLA, Materialiensmlg. ÖBL, alle Wien.
Autor: (L. Hlavácková – D. Angetter)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 225f.
geboren in Prag
gestorben in Nizza

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