Silberer, Viktor

Silberer Viktor, Journalist, Sportler, Luftfahrtpionier und Politiker. Geb. Wien, 25. 10. 1846; gest. ebd., 11. 3. 1924; röm.- kath.

– Sohn eines Magistratsbeamten, Vater von Herbert S. (s. d.). Nach Besuch der Handelsschule arbeitete S. in einer Wr. Wechselstube, dann in der Anglo-Oesterr. Bank. Sein Interesse galt jedoch zunächst dem Rudersport, über den er erste journalist. Beitrr. für die „Deutsche Turnzeitung“ und den Wr. „Sport“ verf. 1868 veranstaltete er die erste Ruderregatta in Österr., bei der er selbst zweimal als Sieger hervorging. Während eines einjährigen Aufenthalts in den USA ab Herbst desselben Jahres wandte sich S. endgültig dem Journalismus zu, der sein Leben trotz zahlreicher anderer Aktivitäten durchgehend bestimmen sollte. In den USA einerseits für die sozial-demokrat. „New Yorker Abendzeitung“, andererseits für das Wr. „Fremden-Blatt“ tätig, gründete S. nach seiner Rückkehr nach Wien im März 1870 das „Wiener Salonblatt“, verkaufte es aber nach wenigen Ausg. wieder. 1870/71 nahm er als Sonderberichterstatter der „Neuen Freien Presse“ am dt.-französ. Krieg teil; danach gründete er die Z. „Der Kapitalist“, die jedoch im Gefolge des Börsenkrachs 1873 eingestellt werden mußte. 1875–80 führte er als Hrsg. und Red. die „Militär-Zeitung“ und veröff. 1877 das biograph. Werk „Die Generalität der k. k. Armee“. 1879 wandte sich S. mit dem Eintritt in den Wr. Trabrennver., an dessen Re-Organisation er maßgebl. beteiligt war, wiederum dem Sport zu und gründete 1880 die „Allgemeine Sport-Zeitung“, die als eine der ersten dt.sprachigen Sportztg. über das gesamte damals bekannte Spektrum der Sportarten berichtete. In seiner Funktion als Eigentümer und Hrsg. (bis 1918) organisierte er zahlreiche Veranstaltungen in diversen Sommer- und Wintersportarten (u. a. 1908 die erste Bobsleigh-Meisterschaft in Österr.), regte die Gründung einschlägiger Ver. an (die er häufig auch leitete) und verf. Sporthdbb. Nach zeitgenöss. Presseberichten war er daneben bei Börsenspekulationen und als Buchmacher erfolgreich. S., der auch als Pionier der österr. Luftschiffahrt gilt, unternahm 1882 erste Ballonfahrten und machte 1885 erstmals in Österr. Fotoaufnahmen vom Ballon aus. 1888 veranstaltete er die Internationale Ausst. für Luftschiffahrt in Wien, führte ab 1890 erste militär-aeronaut. Kurse durch und gründete neben mehreren anderen aeronaut. Vereinigungen die Österr. Aeronaut. Komm. (1909) als Dachorganisation zur Regelung aller Luftfahrtangelegenheiten. Im selben Jahr regte er den Bau des ersten österr. Flugfelds bei Wr. Neustadt an, 1902–14 war er zudem Hrsg. der „Luftschiffer-Zeitung“. S. gab auch zahlreiche Impulse auf dem Freizeitsektor, etwa 1895 durch die Erbauung des Annenhofs in Wien 1 mit Restaurant, Ballsaal und – ab 1910 – mit Theaterbühne, des Silbererschlößls (1895) und des Hotels Erzherzog Johann (1899), beide auf dem Semmering, dessen tourist. Erschließung S. – publizist. unterstützt von seiner „Semmeringer Zeitung“ (1900–09) – im Dienste der Wr. Fremdenverkehrswirtschaft und gegen Widerstände der ortsansässigen Bevölkerung betrieb, aber auch durch Beteiligungen an mehreren Wr. Theatern oder durch Wiederbelebung des „Maikorsos“ im Prater (1904). 1906 wurde S. Präs. des neu konstituierten General Sports Committee for Austria, des Vorläufers des Österr. Olymp. Comités. Neben allen anderen Betätigungsfeldern engagierte sich S. auch in der Politik: Zuerst Obmann des liberal orientierten Demokrat. Wr. Wählerver. (als solcher 1891–95 im Wr. Gmd.rat), wandte er sich jedoch aus Bewunderung für Lueger (s. d.) vorübergehend der CSP zu und war 1907–11 RR-Abg. dieser Partei, ab 1902 auch Abg. zum nö. LT und 1904–13 abermals Wr. Gmd.rat. 1919–23 war S. mit Beitrr. für die „Arbeiter-Zeitung“ wieder journalist. tätig.


Literatur: Ch. Bauer, Die Anfänge der österr. Zivilluftfahrt, phil. Diss. Wien, 1976, S. 7ff.; W. Kos, Über den Semmering, 1984, bes. S. 138ff. (m. B.); E. Mayerhofer, Beitrr. zu Leben und Werk V. S.s ..., phil. Diss. Wien, 1990 (m. W. und L.); A. Moser, Die beginnende Mediatisierung des Sports am Beispiel der „Allgemeinen Sport-Zeitung“ ..., phil. DA Wien, 2002.
Autor: (J. Seethaler)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 262f.
geboren in Wien
gestorben in Wien
war Schüler in Wien
hielt sich auf in USA
war Mitarbeiter von Anglo-Oesterreichische Bank
war Journalist Deutsche Turn-Zeitung
war Journalist Sport (Wien)
war Journalist New Yorker Abendzeitung
war Journalist Fremden-Blatt
war Gründer von Wiener Salonblatt 1870
war Kriegsberichterstatter Neue Freie Presse 1870-1871
war Gründer und Leiter von Der Kapitalist (Wien) 1871-1873
war Herausgeber und Redakteur von Militär-Zeitung (Wien) 1875-1880
war Mitglied Wiener Trabrennverein 1879
war Gründer, Eigentümer und Herausgeber Allgemeine Sport-Zeitung (Wien) 1880-1918
war Organisator Internationale Ausstellung für Luftschiffahrt (Wien, 1888) 1888-1888
war Gründer von Österreichische Aeronautische Kommission 1909
war Herausgeber Luftschiffer-Zeitung (Wien) 1902-1914
war Gründer, Eigentümer und Herausgeber Semmeringer Zeitung 1900-1909
war Präsident General Sports Committee for Austria 1906
war Obmann Demokratischer Wiener Wählerverein
war Gemeinderat Gemeinderat Wien 1891-1895
war Mitglied Christlichsoziale Partei (Österreich)
war Abgeordneter Österreich. Reichsrat. Abgeordnetenhaus 1907-1911
war Abgeordneter Niederösterreich. Landtag 1902-1904
war Gemeinderat Gemeinderat Wien 1904-1913

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