Rössler, Emil Franz

Rössler Emil Franz, Rechtshistoriker. * Brüx (Most, Böhmen), 5. 6. 1815; † Sigmaringen, Baden-Württemberg (BRD), 5. 12. 1863 (Selbstmord).

Sohn eines Justitiars; stud. an der Univ. Prag Jus, 1842 Dr. jur. Zunächst Konzeptspraktikant bei der Böhm. Kammerprokuratur, Supplent der Lehrkanzel für österr. bürgerliches Recht an der Univ. Prag. 1846–48 Doz. für Geschichte des Rechts in Österr. an der Univ. Wien, womit die heim. Rechtsgeschichte an der Univ. eingeführt wurde. 1846 nahm er an der ersten Germanistenversmlg. in Frankfurt a. M. teil. R.s Hauptwerk sind die von ihm hrsg. und bis heute unersetzten und unentbehrlichen „Deutschen Rechtsdenkmäler aus Böhmen und Mähren“, in denen er die geschichtliche Wechselwirkung des dt. und slaw. Rechts untersuchte und so zum Begründer einer krit. Pflege der Rechtsgeschichte in Österr. im Sinn der hist. Rechtsschule wurde. Weniger erfolgreich war R. als Politiker. 1848 schloß er sich in Wien dem Ver. der Dt. aus Böhmen, Mähren und Schlesien zur Aufrechterhaltung ihrer Nationalität an, 1848/49 Mitgl. der Frankfurter Nationalversmlg., Mitgl. des volkswirtschaftlichen Ausschusses und des Ausschusses für österr.-slaw. Angelegenheiten; polit. wechselte er vom linken Zentrum (Fraktion des „Württemberger Hofs“) zum rechten Zentrum („Augsburger Hof“) über. Nach anfänglichem Zögern stimmte er 1849 für das Erbkaisertum und damit für die Verwirklichung eines dt. Bundesstaates, auch wenn ihm Österr. nicht angehören könnte. Er ging nun zunächst als Priv.Doz. für dt. Rechtsgeschichte nach Göttingen, 1858 wurde er Bibliothekar in Erlangen. Seine Bewerbung um Wiederverleihung einer Professur an einer österr. Univ. blieb erfolglos. 1863 hohenzollernscher HR und Bibliothekar in Sigmaringen.


Werke: Über das Ausgedinge auf Bauerngütern; nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften in Österr. mit bes. Rücksicht auf das Kg.Reich Böhmen, 1842 (Diss.); Über das Erbrecht und die Erbfolge des Bauernstandes, in: Themis 7, 1843, auch selbständig; Darstellung der vorbestandenen und gegenwärtigen bürgerlichen Gerichtsstellen und der sog. Nebenrechte Prags, ebenda, 8, 1844, auch selbständig; Über die Bedeutung und Behandlung der Geschichte des Rechts in Österr . . . ., 1847; Die Gründung der Univ. Göttingen, 1855; Beitrr. zur Staatsgeschichte Österr. aus dem G. W. v. Leibniz’schen Nachlasse in Hannover, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 20, 1856; etc. Hrsg.: Das altprager Stadtrecht aus dem 14. Jh. ( = Dt. Rechtsdenkmäler aus Böhmen und Mähren . . . eine Smlg. von Rechtsbüchern, Urkunden und alten Aufzeichnungen zur Geschichte des dt. Rechtes 1), 1845; Die Stadtrechte von Brünn aus dem 13. und 14. Jh., nach bisher ungedruckten Handschriften ( = Dt. Rechtsdenkmäler aus Böhmen und Mähren . . . 2), 1852.
Literatur: Allg. Ztg. (Augsburg) vom 24. 2. 1864 (Beilage); Brüxer Ztg. vom 19. 3. und 28. 5. 1938; W. E. Wahlberg, Necrolog des ersten Doc. der österr. Rechtsgeschichte E. F. R., in: Allg. Oesterr. Gerichts-Ztg., 1863, n. 152, Neudruck, in: W. E. Wahlberg, Ges. kleinere Schriften 1, 1875, S. 216 f.; A. Schmalfuß, Dr. E. F. R. †, in: Mitt. des Ver. für Geschichte der Dt. in Böhmen 2, 1864, S. 135 ff.; Dr. E. F. R. †, in: ZRG 4, 1864, S. 204 ff.; H. Siegel, Die wiss. Pflege des Dt. Rechtes in Österr., in: Inauguration Univ. Wien 1878/79, 1879, S. 28, 40; H. Lentze, Gf. Thun und die dt. Rechtsgeschichte, in: MIÖG 63, 1955, S. 503 ff.; ders., Die Univ.Reform des Ministers Gf. L. Thun-Hohenstein, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 239, 1962, S. 269 f.; ADB; Otto; Wurzbach; W. W. Tomek, Pameti z mého života 1 ( = Novoceská Bibl. 38), 1904. S. 347 ff.; E. Landsberg, Geschichte der Dt. Rechtswiss., Abt. 3, 2 ( = Geschichte der Wiss. in Deutschland 18), 1910, S. 537 f.; S. Schüßler, Die nationale Politik der österr. Abg. im Frankfurter Parlament, 1913, S. 36 f., 55 f.; Sudetendt. Lebensbilder, hrsg.von E. Gierach, 2, 1930, S. 237 ff.; K. Demeter, Großdt. Stimmen 1848/49, 1939, S. 77 ff.; N. Grass, Österr. Geschichtswiss. der Gegenwart in Selbstdarstellungen 2 ( = Schlern-Schriften 69), 1951, s. Reg.; H. Schenk, Die Abg. aus Böhmen, Mähren und Schlesien in der Paulskirchenversmlg., in: H. Kuhn, Einigkeit und Recht und Freiheit, 1981, S. 20 f.
Autor: (He. Slapnicka)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 43, 1986), S. 206f.
geboren in Brüx
gestorben in Sigmaringen

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