Mitterwurzer, Anton Friedrich

Mitterwurzer Anton Friedrich, Schauspieler und Regisseur. * Dresden, 16. 10. 1844; † Wien, 13. 2. 1897.

Sohn des Folgenden und der Schauspielerin A. Herold (die ihm auch den ersten Schauspielunterricht erteilte), ab 1867 Gatte der Schauspielerin (Christine) Wilhelmine M. (s. d.); debut. 1862 am Stadttheater Meißen als Gustav Falk in Kotzebues „Die Unglücklichen“. Nach kurzer Tätigkeit bei verschiedenen Wandertruppen und Engagements als Liebhaber, Komiker und Charakterdarsteller kam M. 1866 nach Graz, wo er neben Hamlet, Ferdinand, Faust, Egmont und Romeo auch den Valentin im „Verschwender“ gab. Von Graz aus gastierte er bereits 1867 u. a. als Hamlet und Tellheim am Burgtheater. Nach einem kurzen Engagement am Theater a. d. Wien (1868) und Gastspielen in Graz verpflichtete ihn H. Laube (s. d.) 1869 an das Stadttheater Leipzig, wo er mit großem Publikumserfolg in kom. und ernsten Rollen auftrat. Nach einem neuerlichen Gastspiel am Burgtheater wirkte er an demselben 1871–74 und 1875–80, konnte sich aber nicht durchsetzen. Nach Engagements an verschiedenen Theatern übernahm M. 1884/85 die artist. Dion. des Carl-Theaters in Wien und stellte auch seine hervorragenden Fähigkeiten als Regisseur unter Beweis. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen ihn zu einem Wanderleben und einer ausgedehnten Gastspieltätigkeit in Deutschland, Holland und Amerika. Schauspieler. gereift, kehrte er 1890 nach Wien zurück, wo ihm als Gast am Volkstheater (1890–92) der endgültige künstler. Durchbruch gelang. 1894 wurde er zum drittenmal an das Burgtheater verpflichtet, dem er nun bis zu seinem Tod angehörte. M., einer der größten Schauspieler des deutschsprachigen Raumes, war ein Menschendarsteller von großer Wandlungsfähigkeit. Seine ungeheure Bühnenausstrahlung machte ihn zum Mittelpunkt jeder Aufführung. Das Prinzip der Natürlichkeit kam nicht nur in modernen Rollen, sondern vor allem auch in den klass. zur Geltung. M. gelangte in vielen Fällen zu einer völlig unkonventionellen, modernen Rollenauffassung, so als Philipp II., einer seiner bedeutendsten Leistungen der Spätzeit. In den letzten Jahren trat M., der sich auch schriftsteller. betätigte, als Vortragskünstler auf.


Werke: Hauptrollen: Macbeth (W. Shakespeare, Macbeth); Richard III. (ders., Richard III.); Jago (ders., Othello); Shylock (ders., Der Kaufmann v. Venedig); Mephisto (J. W. v. Goethe, Faust); Franz Moor und Gf. v. Moor (F. v. Schiller, Die Räuber); Wurm (ders., Kabale und Liebe); Wallenstein (ders., Wallenstein); Hjalmar Ekdal (H. Ibsen, Die Wildente); etc. W.: Lustspieleinakter: Ein Sieg der Geschichte, 1874; Strohfeuer; Der liebe Cousin; Edgars Kammermädchen; etc.
Literatur: Ostdt. Rundschau vom 20. 2. 1897; N. Fr. Pr. vom 13., 14. und 21. 2. 1897; Wr. Almanach, 1892, S. 306 ff.; Neuer Theater-Almanach, 1898, S. 171 ff.; Bühne und Welt, Jg. 9, 1907, S. 25 ff.; Der Schlern, Bd. 14, 1933, S. 333 ff.; E. Guglia, F. M., 1896; J. J. David, M., in: Das Theater, Bd. 13, 1905; M. Burckhard, A. F. M., 1906; W. Drews, Die Großen des dt. Schauspiels, 1941; ders., Die großen Zauberer, 1953; Eisenberg; O. G. Flüggen, Biograph. Bühnenlex. der dt. Theater, 1892; O. M. Fontana, Wr. Schauspieler, 1948; Katalog der Porträtsmlg.; Kosch, Theaterlex.; P. Landau, Mimen, 1912; B. Niederle, Verklungene Namen, 1947; F. Rosenthal, Schauspieler aus dt. Vergangenheit, 1919; L. Speidel, Schauspieler, 1911; Nagl–Zeidler–Castle, Bd. 4, s. Reg.; N. Österr. Biogr., Bd. 15, 1963, S. 131 ff.; Wurzbach (bei Anton M.); ADB 52; Biograph. Jb., 1898; K. Glossy, 40 Jahre Dt. Volkstheater, 1929; J. Bab, Kränze dem Mimen, 1954; 175 Jahre Burgtheater, hrsg. von der Bundestheaterverwaltung, 1954.
Autor: (E. Marktl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 29, 1975), S. 327
geboren in Dresden
gestorben in Wien

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