Machar, Josef Svatopluk

Machar Josef Svatopluk, Ps. Antonín Rousek, Leo Leonardi, Schriftsteller. * Kolin (Kolín, Böhmen), 29. 2. 1864; † Prag, 17. 3. 1942.

Sohn eines Müllers; stud. kurze Zeit an der Univ. Prag Jus, 1887–88 Einjährig-Freiwilliger, dann aktiver Off.; 1889–1918 Beamter der Boden-Credit-Anstalt in Wien. Schon als Gymnasiast veröff. M. (ab 1882) skept., pessimist. und iron. Gedichte in den Z. „Svetozor“ (Weltrundschau), „Ruch“ (Die Bewegung), „Kvety“ (Blüten), „Zlatá Praha“ (Goldenes Prag) u. a. Später unterhielt er auch in Wien die Beziehungen zu den tschech. Z. und beeinflußte das tschech. literar. Geschehen. Seine Feuilletons, Artikel und Kritiken in den Z. „Cas“ (Die Zeit, Chiffre -by-), „Naše doba“ (Unsere Zeit), „Rozhledy“ (Die Rundschau) gaben den Anlaß zu heftigen literar. Polemiken und das von ihm konzipierte Manifest der tschech. Moderne (1895), das einige junge Schriftsteller unterzeichneten, signalisierte den Beginn der neuen literar. Bewegung in Böhmen. In Wien war M. Mitarbeiter der Z. „Vídenské listy“ (Wr. Bll.) und der „Zeit“ (Red. H. Bahr, s. d.), 1908–12 gem. mit T. G. Masaryk und J. Vodák Red. der Z. „Novina“ (Neuland). In die Wr. Periode fallen seine literar. bedeutsamen Reisen auf die Krim und nach Italien. Anfang 1918 kehrte er nach Prag zurück. 1918/19 Mitgl. der Nationalversmlg., 1919–24 Generalinspektor der tschechoslowak. Armee, legte er diese Funktion nieder, als er mit der Entwicklung in dem jungen Staate nicht einverstanden war. Er entzweite sich auch mit Masaryk und schloß sich dem rechten Flügel der Opposition an. 1920 Dr. phil. h. c. der Univ. Prag, 1924 Mitgl. der Tschech. Akad. der Wiss. und Künste (1894 hatte er auf diese Mitgliedschaft verzichtet). Von Jugend an antikath. gesinnt, festigte M. in Italien seinen Widerstand gegen das Christentum, dem er die Antike als Höhepunkt der Geschichte gegenüberstellte. Als Dichter übte M. einen bestimmenden Einfluß auf die tschech. Literatur der Jahrhundertwende vor allem mit seiner scharfen Gesellschaftskritik, die in seiner intimen („Confiteor“) und polit. („Tristium Vindobona“) Lyrik sowie in der Epik („Magdalena“) ausgesprochen wurde.


Literatur: N. Fr. Pr. vom 28. 2. 1914; Die Furche vom 12. 10. 1946; V. Martínek, J. S. M., 1912, 2. Aufl. 1948; A. Novák, J. S. M., in: Mužové a osudy (Männer und Schicksale), 1914; J. S. Macharovi k padesátinám (J. S. M. zum 50. Geburtstag), 1914; J. S. Macharovi (Für J. S. M.), 1914; S. Rouštecká, M. Život a dílo (M.s Leben und Werk), 1926; R. Kopecký, J. S. M., básník národního sebevedomí (M., der Dichter des nationalen Selbstbewußtseins), 1934; Z. Pešat, J. S. M. básník (Der Dichter J.S.M.), 1953; J. S. M. pred porotou (J. S. M. vor dem Schwurgericht), 1911; V. Martínek, Antika v poezii Macharove (Die Antike in der Poesie J. S. M.s), 1911; P. Buzková, Žena v živote a díle Macharove (Die Frau im Leben und Werk J. S. M.s), 1918; Slovník ceských spisovatelu, 1964; Masaryk 4; Otto 16, Erg. Bd. III/2; Prírucní slovník naucný 3; Kunc, 1945; Novák, S. 882 ff.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 25, 1972), S. 392f.
geboren in Kolín
gestorben in Prag

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